Nachdenken über Systeme

Ein System ist eine Gruppierung von Elementen, die zueinander in (geordneten) Beziehungen stehen. In sozialen Systemen – Familien, Gruppen, Gesellschaften – werden die Beziehungen wesentlich vom wechselseitigen Vertrauen getragen. Eine gemeinsame Identität vermittelt das Spezifische der Familie oder Gruppe oder Gesellschaft gegenüber anderen sozialen Systemen. Dadurch gelingt es, den Eigennutz zu ’domestizieren’ und durch kooperatives bzw. komplementäres Handeln einen Systemnutzen zu erreichen, der dem Individuum prinzipiell verschlossen bleiben muss.

Die gemeinsame Identität kann jedoch nur entstehen und bestehen, wenn das System gegen andere Systeme abgegrenzt ist. Nach außen ist eine grenzziehende ’Membran’ erforderlich, um den eigenständigen Bestand des Systems zu gewährleisten. Nach innen bedarf es eines Ordnungsrahmens, der die dem Menschen (wie allen anderen Lebewesen) wesenseigene Ausbeutungsbereitschaft, wahrgenommen als Eigennutz, in gesellschaftlich nützliche Tätigkeit umlenkt. Die ’unsichtbare Hand’, der Adam Smith diese Lenkungsfunktion zuschreibt, emergiert aber nicht aus dem System an sich, sondern muss vom Menschen verfasst und belebt werden. Dieser Wirksamkeit dieses Ordnungsrahmen bedingt aber eine ausreichende Abgrenzung des Systems.

In dem Maße, wie im Zuge der Globalisierung die Grenzen aufgelöst wurden, verflüchtigten sich Identität wie zureichende Einbindung des Eigennutzantriebes. Die Wiederherstellung der Balance des Innen und Außen ist daher unerlässlich, ebenso das Nachdenken über die optimale Größe. Denn werden Gesellschaften zu groß,  laufen sie Gefahr, aufgrund ihrer Komplexität und Intransparenz an Effektivität einzubüßen. Durch die Abschwächung der inneren Bindungskräfte gewinnt zudem der nunmehr freigesetzte Eigennutz an Boden und gefährdet im Zuge wachsender sozialer Ungerechtigkeit die innere Stabilität.

„Small is beautiful“ kann als konzeptuelles Credo gelten, und das Subsidiaritätsprinzip verweist auf eine Struktur, die dem Handlungsbedürfnis und dem Regelungsbedarf auf den verschiedenen Ebenen, vom Lokalen bis zum Globalen, gerecht zu werden vermag.

Nachdenken über Systeme (PDF)

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