Nachbetrachtung

Lebenswelten - ein Wort mit unscharfem Anspruch. Jedenfalls verbinden wir damit
gewiss mehr als nur eine Orts- oder Funktionsvorstellung. Etwas Ganzes, Größeres
liegt darin und die Unbestimmtheit ist durchaus funktional. Lebenswelt lässt sich
nicht ohne Weiteres auf einzelne Elemente herunterbrechen und die Aufsummierung
von Elementen erzeugt nicht den Halo einer Lebenswelt als Ganzheit.

Eine Ganzheit, die über die Vorstellung einer rational erfassten Ordnung hinaus
nicht nur sinnliche Erfahrung und einen wachsenden Thesaurus von Erinnerungen
umspannt, sondern darüber hinaus ein Füllhorn des emotionalen Berührtseins, von
Liebe und Schmerz, Verzweiflung und Sehnsucht, darstellt, letztlich Aufsatzort für
Spiritualität ist, die zum greifbaren Hier und Jetzt ein nicht Anfassbares ahnen und
wünschen lässt.
Doch werden wir praktisch. Es gibt sie, die Alternativen zum Mainstream, der alles
zum Marktgut erklärt und Wert ausschließlich vom Preis ableitet. Sie entspringen
dem Willen, die Umwelt als Erlebnisraum zurückzugewinnen, fragmentierte Sozial-
kontakte, die sich auf der Werteskala nach der Nützlichkeit ordnen, wieder als
einen Eigenwert zu erleben und das Konsumierbare als ausschließlichen Glücks-
bringer durch andere, nicht verpreiste Sachberührungen und Mentalmomente
abzulösen.

 

All das ist in hohem Maße an die "Passung" individueller Belange mit milieuhaften
Gegebenheiten gebunden. Die Polarität von Stadt und Land gab bereits Karl Marx
Anlass, von einer natürlichen Funktionsteilung zu sprechen. Was in dem einen
wohlfeil zu haben ist, geriert sich im anderen als knappes Gut, so der Boden in
der Stadt, andererseits die Versorgungsqualität und Dienstleistungsdiversität auf
dem Land.
 
Ohne dies systematisch zu erarbeiten, wurden derartige Unterschiede in den
verschiedenen Beiträgen in abgestufter Konkretheit  erkennbar. Allgemein
lässt sich vielleicht sagen, dass das Land in seiner geringen Dichte dem Die größte
Faszination lösen zweifellos Beispiele aus, in denen tatsächlich neue Lebenswelten
geschaffen wurden. Sollen sie Bestand haben, muss offenbar zur materiellen (nicht
geldlichen) Unabhängigkeit eine weitere, spirituelle, Bindekraft hinzutreten. So
wahrt die japanische Yamagishi Bewegung die harmonische Balance ihres gemein-
schaftlichen Arbeitens und Lebens über die jeweils tätige Generation hinaus und
wächst nicht zuletzt dank ihrer Kinder.

 

Es handelt sich um einen Dorfverbund, der seit 60 Jahren existiert und großen wirt-
schaftlichen Erfolg mit einer selbst für den Kundigen kaum nachvollziehbaren Spiri-
tualität verbindet, aus der eine die Natur in ihren Erscheinungsformen würdigende
Haltung erwächst, die dem nutzenorientierten Europäer fremd, gleichwohl fas-
zinierend erscheint.

 

Selbst aus zweiter Hand vermittelt ("Eine Stand der Dinge"), lässt dieses Modell
erahnen, wie weit die Vorstellung von Lebenswelten reichen können - reichen
sollten, um etwas von Bestand zu schaffen.